Spaltpilz Migration? Die linke und die rechte Wand der Polarisierung

Die Raumgewinne der Rechten erklären sich nicht ohne die Laufwege der Linken. Deutlich sieht man das beim Thema Migration, einschließlich Integration. Dieses stellt – aufgrund der breiten Unzufriedenheit mit dem migrationspolitischen Status quo – eine potente Quelle für Rechtsaußenerfolge dar. Und da das linke Lager einer befriedigenden Antwort aus dem Weg geht, droht sie auch nicht zu versiegen. Das Thema dürfte somit ein Spaltpilz bleiben, der die Bewältigung anderer gesellschaftlicher Probleme erschwert. Denn wo signifikante Teile der Bevölkerung (v.a. im Osten) und auch der linken Zielgruppen (insbes. Arbeiter) eine Lösung bei der AfD suchen, lassen sich die breiten Allianzen nicht herstellen, die die großen Zukunftsaufgaben erfordern.

Woher kommt die Bereitschaft zur Raumpreisgabe, die mit einer Verblendung von Migrationsproblemen einhergeht? Diese sind ja vielfältiger als antirassistische Reflexe vermuten lassen. Man denke nur an das Verhältnis von Feminismus und Islam(ismus), regressive/faschistische Einflüsse, Loyalitäten in Zeiten globaler Konflikte oder auch Aspekte demokratischer Kultur. Ungeklärt ist bisher: Welche Klassen- und Geschlechteraspekte spielen hier eine Rolle, was hat das mit Repräsentationskrise zu tun, was mit Polarisierung – und welches Migrationsregime wird damit eigentlich stabilisiert? Diesen Fragen geht der Club Volantaire nach, der sich diesmal dem Problem widmet, wie sich das Thema Migrationspolitik jenseits rechter und (neo-)linker Kategorien denken lässt.

Hierüber debattieren die Gäste des Club Volantaire am 25. Juli 2025 im Projektraum Nautilus in München.

Mit einem Impulsbeitrag von Ahmad Mansour (Psychologe und Extremismusexperte). Moderation: Malte Clausen und Judith Faessler.



Zu Gast:

Varnan Chandreswaran

Ist nicht nur Psychologe, Doktorand und Autor, sondern auch YouTuber. Dort nimmt er sich auf seinem Kanal kontroverser Themen wie Patriarchat, Gendern und Rassismus aus wissenschaftlicher Perspektive an. Mit Millionen Videoaufrufen erreicht er ein breites Publikum, das seine fundierte und sachliche Herangehensweise schätzt. Sein erklärtes Ziel ist es, durch ein tieferes Verständnis von Mensch und Gesellschaft aufzuzeigen, wie ein besseres Leben gelingen kann – und wie nicht.

»Das Thema Migration nutzen gerade Woke für ein Moralspektakel – ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Das treibt viele in die Arme jener, die extreme Forderungen in den Deckmantel des gesunden Menschenverstands hüllen.«

Foto: privat

Maryam Giyahchi

Ist Vorsitzende des Stadtbundes Münchner Frauenverbände und Aufsichtsrätin der ersten Frauen Wohn- und Baugenossenschaft Münchens. Sie wurde im Iran geboren und war als Kleinkind mit ihrer Familie im Gefängnis, bevor sie 1984 als politische Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Als Sozialpädagogin hat sie sich beruflich insbesondere mit Femiziden und familiärer Gewalt sowie mit Betreuungsmodellen in Flüchtlingsunterkünften beschäftigt und war in Krisenstäben tätig.

»Wir müssen genauer hinschauen bei denen, die zu uns kommen. Daraus abgeleitete Maßnahmen sollten insbesondere auf die Unterstützung von Frauen und Kindern abzielen.«

Foto: Barbara Donaubauer

Holger Marcks

Arbeitet als Sozialwissenschaftler insbesondere zum Thema Rechtsextremismus. Schreibt daneben auch zu anderen politischen Themen. Zeitweilig Redakteur der Direkten Aktion und der Jungle World. Als Autor vor allem tätig zu modernen Faschismus-Varianten sowie linker Ideengeschichte. Zusammen mit Felix Zimmermann schreibt er das Online-Buch Zurück nach vorn. Ein sozialrepublikanisches Panorama (www.soziale-republik.org), das ab Juli 2025 als Printversion erscheint.

»Ja, die extreme Rechte dramatisiert die Alltagsprobleme durch Migration. Die Neolinke hingegen blendet ihre regressiven bis reaktionären Potentiale aus. Beides bringt die Republik in Nöte.«

Nikil Mukerji

Ist wissenschaftlicher Leiter der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) und lehrt als Privatdozent Philosophie an der LMU München. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören zentrale Themenkomplexe des wissenschaftlichen Skeptizismus wie etwa Pseudowissenschaft und Fake News sowie das kritische Denken. Zu seinen Veröffentlichungen gehören u.a. Die 10 Gebote des gesunden Menschenverstands (2017) und Covid-19: Was in der Krise zählt (2020, mit Adriano Mannino).

»Der woke Migrationsdiskurs ist antiaufklärerisch. Er kombiniert Identitätsideologie mit Gruppenzwang zu einem ›Antirassismus‹, der selbst rassistisch denkt. Das Gegenmodell besteht aus kritischem Denken und liberalen Werten.«

Foto: privat

Sebastian Schnelle

Ist promovierter Philosoph und beschäftigt sich seit über einem Jahrzehnt mit extremistischen Ideologien, insbesondere religiösem Fundamentalismus und Rechtsextremismus. Außerdem hat er Interesse an »linken« Formen identitärer Politik und der Entwicklung der Debattenkultur. Als Freund der Aufklärung betreibt er den Podcast »Vorpolitisch«, mit dem er das gepflegte politische Gespräch fördern möchte.

»Der linke Migrationsdiskurs führt den Antifaschismus ad absurdum. Denn er redet die Gefahr des Islamismus klein: der Zwilling der reaktionären Rechten. Beide sind geeint in der Ablehnung der offenen Gesellschaft.«

Foto: studioline Hamburg Ottensen

Melita H. Sunjic

Ist promovierte Kommunikationswissenschafterin und hat sich auf Migrationsforschung und Migrationskommunikation spezialisiert. Nach 25 Jahren Arbeit bei UNHCR auf drei Kontinenten gründete sie eine Agentur und berät seither internationale Organisationen und Regierungen bei einschlägigen Informationskampagnen. Sie ist Autorin mehrerer Bücher zu Flüchtlingsfragen, lehrt an der Universität Wien und setzt sich für eine faktenbasierte Auseinandersetzung mit dem Thema ein.

»Migration ist weder gut noch böse, sondern ein Phänomen, das es in jeder Gesellschaft gibt. Sie muss nur klug gemanagt werden, damit die Vorteile überwiegen.«

Foto: privat


Eintritt

Der Eintritt kostet 5 Euro. Da die Plätze begrenzt sind, empfiehlt sich eine Voranmeldung per E-Mail und die Überweisung einer Spende in Höhe des Eintrittspreises (gerne auch mehr).


Anfahrt

Projektraum Nautilus
Dachauer Straße 110 C
80636 München